Immer mehr Menschen kaufen immer mehr Kleidungsstücke – angelockt von niedrigen Preisen oder ständigen Angeboten. Die „ultraschnelle“ Mode macht es möglich, die Garderobe mehrmals im Jahr zu erneuern, oft, ohne über die Konsequenzen hinter diesen Käufen nachzudenken. Doch was kosten uns diese Kleidungsstücke wirklich?
Von den 1970er Jahren bis heute hat sich die globale Textilproduktion fast verdreifacht. Dieser Boom wurde vor allem durch den Anstieg synthetischer Fasern vorangetrieben, die aus Kunststoff hergestellt werden, der wiederum aus Erdöl und Gas gewonnen wird. Im Jahr 2022 schaffte sich jeder Bürger der Europäischen Union durchschnittlich 19 kg Textilprodukte an, was einem großen Koffer voller neuer Kleidung pro Jahr entspricht. Es ist jedoch wenig bekannt, dass der Textilsektor an vierter Stelle der Hauptursachen für Umwelt- und Klimabelastungen steht, direkt nach Ernährung, Wohnen und Mobilität.
Laut einer europäischen Studie verursachte der Textilkonsum im Jahr 2022 etwa 159 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente, was ungefähr 355 kg pro Person entspricht und vergleichbar mit den Emissionen eines Benzinautos ist, das 1.800 Kilometer fährt. Die Textilproduktion ist auch für etwa 20 % der globalen Trinkwasserverschmutzung verantwortlich, insbesondere aufgrund von Färbe- und Verarbeitungsprozessen. Zum Beispiel werden für die Herstellung eines einzigen Baumwoll-T-Shirts etwa 2.700 Liter Süßwasser benötigt – so viel, wie ein Mensch in zweieinhalb Jahren trinken sollte. Hinzu kommt der intensive Landverbrauch für den Anbau von Baumwolle und anderen Naturfasern, die oft mit erheblichen Umweltauswirkungen einhergehen.
Ein weiteres wachsendes Problem ist die Freisetzung synthetischer Mikrofasern beim Waschen von Kleidung: Rund 500.000 Tonnen pro Jahr landen in den Meeren und gelangen in aquatische Ökosysteme und die Nahrungskette. Etwa 70 % der textilbezogenen Emissionen entstehen außerhalb Europas, vor allem in Asien, wo ein Großteil der Produktion konzentriert ist. Dies verdeutlicht, dass Kaufentscheidungen in Europa globale Umweltauswirkungen haben.
Das Wachstum des Sektors wird auch durch digitales Marketing und den Erfolg von „ultraschnellen“ Modeplattformen gefördert, die billige und minderwertige Kleidung anbieten, die schwerwiegenden Umweltauswirkungen mit sich bringen. Darüber hinaus führt die Gewohnheit, online mehrere Größen zu bestellen und die nicht passenden zurückzuschicken, zu neuen Problemen: Zwischen 22 % und 44 % der Rücksendungen werden vernichtet, anstatt wieder verkauft zu werden, während der Rest Emissionen durch Transport, Textilabfälle und übermäßige Verpackungen verursacht. Allzu großzügige Rückgaberichtlinien verschärfen die Situation zusätzlich.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hat die Europäische Union eine Strategie zur Nachhaltigkeit des Textilsektors eingeführt. Ziel ist es, den übermäßigen Konsum zu reduzieren und Alternativen wie Wiederverwendung, Recycling und das Weitergeben von Kleidung zu fördern. Der Kern dieser Strategie besteht darin, qualitativ hochwertige Kleidung zu produzieren, die auf Langlebigkeit ausgelegt ist und nicht nur ein- oder zweimal getragen werden soll. Darüber hinaus strebt die EU eine verstärkte Verwendung recycelter Fasern an. Zu diesem Zweck wurde eine neue Verordnung eingeführt, die vorsieht, dass bis 2030 ein signifikanter Teil der Textilien recycelte Materialien enthalten muss.
Um diesen Übergang zu ermöglichen, werden neue Regelungen eingeführt, die den gesamten Recyclingkreislauf betreffen: von der Sammlung gebrauchter Kleidung über die Sortierung bis hin zur Wiederverwendung und dem eigentlichen Recycling. Diese Änderungen werden dazu beitragen, Abfälle zu reduzieren und die Umweltauswirkungen des Textilsektors zu verbessern.
KH