Egal ob Sonne, Wind, Wasser oder Erdwärme: Erneuerbare Energien boomen weltweit und treiben die Energiewende mit einer nie dagewesenen Geschwindigkeit voran.
Doch trotz des Fortschritts sieht die Internationale Energieagentur (IEA) enormen Handlungsbedarf. Denn die Erneuerbaren konnten mit dem enormen Wachstum des Stromverbrauchs bislang nicht Schritt halten. Das geht aus der neuesten Ausgabe des „World Energy Outlook“ hervor. Es handelt sich dabei um das weltweit wichtigste Prognosewerk für die Zukunft des Energiesektors.
Konkret heißt das: Zwischen 2010 und 2023 stiegen die weltweiten Solarstrom-Kapazitäten um das 40-fache, die Windenergie wurde versechsfacht und die Bioenergie-Kapazität hat sich mehr als verdoppelt. Dabei kamen jedoch lediglich 4.800 Terawattstunden Strom aus erneuerbaren Energien zusammen. Nötig wären aber 8.400 Terawattstunden.
Um diese Lücke zu schließen, musste die weltweite Kohleverstromung um 23 Prozent und die Stromerzeugung aus Gaskraftwerken um 36 Prozent gesteigert werden.
Höhepunkt noch vor 2030
Doch schon bald könnte es zu einer Wende kommen: Die IEA erwartet, dass bis 2030 mehr als die Hälfte des weltweiten Stroms aus emissionsarmen Quellen erzeugt wird. Gleichzeitig werde die Nachfrage nach allen drei fossilen Brennstoffen – Kohle, Öl und Gas – bis zum Ende des Jahrzehnts ihren Höhepunkt erreichen.
Laut Fatih Birol, dem Chef der Internationalen Energieagentur, bewege sich die Welt „mit großer Geschwindigkeit in das Zeitalter der Elektrizität“.
Alle Augen auf China
Kein anderes Land wird dabei eine so zentrale Schlüsselfigur spielen, wie China. Der Ausbau der Solarenergie in China schreitet so schnell voran, dass im Jahr 2030 allein die chinesische Solarstromerzeugung den gesamten Strombedarf der USA übersteigen könnte. Das wäre in weniger als 10 Jahren. Nicht umsonst heißt es in dem Bericht der IEA: „Ob es um Investitionen, die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen, den Stromverbrauch, den Einsatz erneuerbarer Energien, den Markt für Elektroautos oder die Herstellung sauberer Technologien geht, wir leben heute in einer Welt, in der fast jede Energiegeschichte im Wesentlichen eine China-Geschichte ist.“
Zunehmende Ungleichheit
Die IEA weist aber auch auf Risiken hin. So finde der Umbau des Energiesystems trotz der positiven Entwicklung sehr ungleich statt. 750 Millionen Menschen, vor allem in Afrika südlich der Sahara, haben keinen Zugang zu Elektrizität und über zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberen Brennstoffen zum Kochen.
Außerdem sind laut IEA deutlich höhere Investitionen insbesondere in Stromnetze und Energiespeicher notwendig. Derzeit würden je Dollar Investition in die Produktion nur 60 Cent in Netze und Speicher fließen. Doch eigentlich müsste das Verhältnis 1:1 sein. Viel Geld sei inzwischen auch dafür notwendig, die Anlagen vor Cyberangriffen und Extremwetter zu schützen.
Hitze, Dürren, Überschwemmungen
Der Klimawandel hat auch gravierende Auswirkungen auf die Energiesicherheit. Vor allem extreme Wetterereignisse sind laut IEA eine große Herausforderung für den sicheren und zuverlässigen Betrieb der Energiesysteme, aber auch die zahlreichen Konflikte wie jene im Nahen Osten oder in der Ukraine.
Die Internationale Energieagentur (IEA)
Die IEA ist eine weltweite Kooperationsplattform für Regierungen und Experten im Bereich der Erforschung, Entwicklung und Anwendung von Energietechnologien. Sie stellt dabei Daten, Analysen, politische Empfehlungen und Lösungen in allen Fragen der Energiepolitik bereit.
Doch das war nicht immer so: Die IEA wurde eigentlich als Reaktion auf die globale Ölkrise von 1973/1974 gegründet. Ziel war die Sicherstellung der Erdölversorgung. Die Schwerpunkte haben sich aber mit der Zeit verlagert. Mittlerweile beschäftigt sie sich hauptsächlich mit energiepolitischen Fragen. Sitz der IEA ist Paris.